moderne Mythen

wie die vom „Fachkräftemangel“ sollte man einmal kritisch hinterfragen. Rudolf Bultmann mit seinem Entmythologisierungsprogramm lässt grüßen…
Es wäre schön, wenn die Medien über hochqualifizierte und intelligente transgeschlechtliche Menschen einmal nicht aus der Perspektive der „Exoten“ berichten würden, sondern im Blick auf die Frage, warum Arbeitgeber lieber vom Fachkräftemangel reden, anstatt auf dem vorhandenen Arbeitsmarkt denen eine Chance zu geben, die hier noch viel bis zur Rente einbringen können.

Ich kenne einige transgeschlechtliche Menschen, deren Qualifikationen brach liegen, weil sie z.B. nicht eine Chance bekommen, als Bürokauffrau umgeschult zu werden oder im EDV Bereich die Fortbildung zu bekommen, die ein Betrieb braucht um jemand einzusetzen… Oder ich denke an eine Industriemechanikermeisterin, die nun „freigestellt“ wurde – was für eine Verschwendung und Verachtung menschlicher Fähigkeiten bei einem Menschen, der noch keine 40 Jahre alt ist…

Liegt es daran, dass Transgeschlechtlichkeit immer noch mit Transvestismus verwechselt wird? Oder dass man vielleicht Unisex-Toiletten bräuchte oder einen Waschraum für Frauen in der Produktion? Seltsam…
Oder hat Dr. Haupt mit seinem Beitrag über z.B. das „Verarmungs- und Entwurzelungsrisiko“ oder die „Arbeitslosigkeit“ in den „Altdorfer Empfehlungen“ doch den Nagel auf den Kopf getroffen und es hilft nur massiver öffentlicher Druck und mehr oder weniger spektakuläre Protestaktionen wie es sie bei Greenpeace immer wieder gab?

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2 Antworten zu moderne Mythen

  1. corinna1960 sagt:

    Hallo doro,

    „Fachkräftemangel“ heißt übersetzt es fehlen Fachkräfte die bereit sind für ein Praktikantengehalt zu arbeiten.

    Das große Problem für Transleute ist mMn die sehr lange Übergangszeit formaler Art die eine Transition mit sich bringt. In dieser Zeit läufst du mit inkonsistenten Unterlagen rum und was mir nach einem sehr gut verlaufenen Bewerbungsgespräch wo wir schließlich Einigkeit hatten passiert war: Ich sollte meine kompletten Unterlagen vorlegen und da waren halt noch einige männliche Zeugnisse bei. Danach waren meine Qualifikationen (und die sind nicht schlecht wie mir mehrfach seitens Arbeitsagentur und privaten Vermittlern bestätigt wurde) total unwichtig und es interessierte nur noch die Frage wie schwer denn die GaOP sei. Ich kanns dem Einstellenden nicht mal verübeln daß er da betriebswirtschaftlich gedacht hat und ich den Job dann halt nicht bekommen habe. Danach habe ich die Bewerbungsbemühungen weitgehend eingestellt und den rechtlichen Teil meiner Transition „sponsored by Arbeitsagentur“ durchgezogen. Hätte gerne schon gearbeitet und auch Zeit dafür gehabt, aber wenns halt nicht gewünscht ist, dann eben nicht.

    Wer mitten in der Transition seinen Job verliert (und daß mir genau zu diesem Zeitpunkt der Arbeitgeber in die Pleite gesegelt ist ist nicht meine Schuld) hat ein dickes Problem.

    Und das ist in meinen Augen ein ganz konkreter Ansatzpunkt zur Verbesserung, nämlich dieses VÄ/PÄ-Verfahren so zu gestalten daß die Leute schnell die formale Anerkennung kriegen.

    Kein Mensch der mich persönlich kennenlernt steckt mich in die Tra(ns)vestieecke, ich gehe sehr gut als Frau durch, aber was hilfts wenn die Unterlagen es nicht hergeben?

    Andere haben noch größere Schwierigkeiten, wenn das passing nicht stimmt oder da noch sichtbar viel Bart vorhanden ist helfen auch die besten Unterlagen nichts. Weitere Ansatzpunkte.

    Öffentlichen Druck auszuüben halte ich für schwer, denn auf wen soll dieser Druck ausgeübt werden? Es fehlt das Verständnis bei manchen Entscheidern daß Transleute nicht nur ganz normale Menschen sind sondern daß diejenigen die durch diesen Transweg durchgegangen sind in der Regel stärker hinauskommen als sie hineingehen. Wer das hinter sich gebracht hat muß Attribute wie Durchsetzungsfähigkeit wohl nicht mehr beweisen.

    Was eher fehlt ist eine Aufklärung arbeitgeberseitig wie denn die Rechtslage ist und was geht und was nicht (mit welchem Namen unterzeichnen, Toilettenfrage, Kleidung). Wobei auch vielen Transmenschen nicht ganz klar ist was sie wirklich dürfen. So entstehen aber seitens des Arbeitgebers Ängste sich Problemfälle ins Haus zu holen die bei näherer Betrachtung gar keine wären.

    Wird noch viel Arbeit da ein Umdenken hinzukriegen, je mehr Entscheider in Firmen Transmenschen kennengelernt haben desto besser wird es werden denn dann fallen die Vorurteile weg.

    LG Corinna 😉

  2. Pingback: Netzfunde vom Donnerstag, den 6. Juni 2013 | Die Nacht ist vorgedrungen

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