Wörterbuch

Manche Begriffe habe ich hier schon erklärt. Warum ich oft von Transsexualität bzw. Transgeschlechtlichkeit rede und Transidentität, Transgender weniger passend finde, erfahren sie hier.
Andere möchte ich auf dieser Seite ergänzen (wird noch ausgebaut). Diese Begriffe sind nicht meine eigene Idee bzw. Wortschöpfung, sondern werden von vielen transsexuellen Menschen verwendet. Mir geht es bei diesen Begriffen nicht um eine „neue Lehre“, wie mir mal jemand unterstellte, sondern darum, Verständnis zu wecken und Sprache kann dazu helfen, sich besser zu verstehen.

  • Cis-Menschen – ein Konstrukt aus der Sprache der Psychiatrie. Man meint damit das Gegenteil zu transsexuellen Menschen. Cis Menschen sind die, deren Chromosomen- und Gehirngeschlecht nicht voneinander abweicht. Allerdings ist die Frage, wie weit biologisch gesehen nicht jeder Mensch im Blick auf das Thema Geschlecht einzigartig ist. Die Vielfalt an biologischen Ausprägungen im Blick auf das „Hirngeschlecht“ wie auch beim Hormongeschlecht und auch bei dem genetischen Geschlecht ist aus Sicht der modernen Biologie größer, als viele noch in der Schule gelernt haben.
    Entscheidend für die eigene Wahrnehmung des Geschlechts ist bei allen Menschen das Hirngeschlecht und nicht primär das Genitalgeschlecht: Eine Frau ist nach einer Gebärmutteroperation genauso eine „biologische Frau“, wie eine transsexuelle Frau mit oder ohne geschlechtsangleichende Operation eine „biologische Frau“ immer schon war.
    Die Frage, ob eine Frau nur dann eine Frau ist, wenn sie Kinder bekommen kann, weil eine Gebärmutter vorhanden/nicht vorhanden ist, ist sowohl für Frauen nach einer Gebärmutterentfernung wie auch für transsexuelle Frauen, die – zumindest derzeit – nie eine Gebärmutter haben werden, eine Frage, die schmerzt und wird oft als Argumentationsmuster von TERFs (Trans Exclusiv Radical Feminist) verwendet um künstlich einen Unterschied zwischen Frauen zu machen, die von Geburt an eine Gebärmutter hatten oder eben nicht…
  • Gender Dysphoria / Geschlechtsdysphorie ist ein medizinischer Begriff (Nachfolgebegriff) für Transsexualität. Problematisch an diesem Begriff ist, dass er zu Menschenrechtsverletzungen führen kann, wie eine andere transsexuelle Frau kritisch anmerkte:

    >>auch „gender dysphoria“ ist so ein Begriff. Denn gender meint das soziale Geschlecht, die Geschlechterrolle. Damit wird im Prinzip die Existenz von Transsexuellen geleugnet und wir werden zu Männern, die die Rolle wechseln. Aber ich habe nicht nur ein Problem mit meiner Geschlechterrolle, sondern mit meinem Körper, der nicht zu meinem Gehirn passt. Das geht weit über gender hinaus. Darum beschreibt der Begriff etwas, was wir sein sollen, aber nicht sind. Und darum verletzt auch dieser Begriff die Menschenrechte, denn damit will die Psychoanalytik uns einen Stempel aufdrücken, der zwar der Aufrechterhaltung des klassischen Geschlechterbildes dient, aber weder der Wahrheit noch dem Selbstempfinden transsexueller Menschen entspricht.<<

    Transsexualität ist primär kein Problem eines Rollenverhaltens, sondern ein neurowissenschaftlich-biologisches Thema. Um es noch einmal deutlicher zu formulieren: Ich selbst als Verfasserin dieses Blogs habe primär kein Interesse an der Diskussion um Geschlechtsrollen (Gender), sondern vor allem an medizinischen Fragen. Mir geht es darum, zu erklären, dass man Leidensdruck bei Transsexualität abbauen kann und deshalb transsexuelle Menschen medizinische Hilfe brauchen. Fragen von Emanzipation und Gleichberechtigung sind ein eigenes Thema, dass nicht primär etwas mit Transsexualität zu tun hat. Conchita Wurst versteht sich z.B. nicht als transsexuelle Frau, sondern als Mann, der für Emanzipation eintritt.

  • Geschlecht: Die moderne Biologie kennt mehrere verschiedene Geschlechtsbegriffe – z.B. Hormongeschlecht, Hirngeschlecht, Chromosomengeschlecht, Gonadengeschlecht, Genitalgeschlecht. Der Geschlechtsbegriff hat in der Biologie zunächst nichts mit der sexuellen Orientierung eines Menschen zu tun. D.h. es gibt sowohl bei Cis- wie bei transgeschlechtlichen Menschen heterosexuelle wie homosexuelle Orientierungen…
    Geschlecht wird in der Biologie auch nicht (mehr) „binär“ verstanden, wie manche irrtümlicherweise meinen. Mehr dazu andernorts im Blog.
    Davon unabhängig ist das „juristische Geschlecht“, d.h. der Eintrag eines Geschlechtsmerkmals im Pass, der meist durch die Bestimmung des Genitalgeschlechts bei der Geburt erfolgt. Leider wird oft von Juristen und Politikern zu wenig die Frage gestellt, wie man mit Menschen umgehen soll, bei denen sich im Laufe des Lebens herausstellt, dass das Hirngeschlecht oder Chromosomengeschlecht vom Genitalgeschlecht abweicht.
    Das argentinische Gesetz zur Gleichstellung transgeschlechtlicher Menschen ist ein großer Fortschritt in der Rechtssprechung, da es das juristische Geschlecht deutlich vom biologischen Geschlecht differenziert und gleichzeitig daran festhält, dass Menschen, die transgeschlechtlich sind und damit einen Leidensdruck haben (ähnlich wie intersexuelle Menschen), medizinische Hilfe brauchen und damit auch Kassenleistungen.
  • Dass die Identität eines Menschen im Gehirn verankert ist, merken auch Cis-Männer mit Gynäkomastie. Ihnen wächst zwar ein Busen (z.B. auf Grund von Nebenwirkungen eines Medikamentes), aber sie wissen trotzdem, dass sie Männer sind (auf Grund des Hirngeschlechts) und würden nicht freiwillig weibliche Hormone nehmen. Schon die Problematik, einen BH – also ein typisch weibliches Kleidungsstück tragen zu müssen, ist für viele Männer mit Gynäkomastie am Anfang ein großes Problem.
  • [sta_anchor id=“lsbttiq“ unsan=“LSBTTIQ“ /]LSBTTIQ ist ein Begriff für eine Allianz von „Lesbischen, schwulen, bisexuellen, transsexuellen, transidenten, intersexuellen und queeren“ Menschen. Er wurde m.E. vom Netzwerk LSBTTIQ in Baden-Württemberg geprägt
  • Transe ist ein abwertender Begriff, der von vielen transsexuellen Menschen abgelehnt wird. In der Regel wird er nur für transsexuelle Frauen verwendet und deshalb als diskriminierend und sexistisch erlebt. Korrekt spricht man von transsexueller Frau oder transsexuellem Mann, wenn man angeben will, in welcher Richtung das Hormongeschlecht umgestellt werden soll (transsexuelle Frau: Richtung weiblich, transsexueller Mann: Richtung männlich).

2 Antworten zu Wörterbuch

  1. Lizbeth sagt:

    Danke für die übersichtliche Darstellung der Begriffe. Mir persönlich ist LGBTQ+ (auch im deutschen Sprachraum) geläufiger als LSBTTIQ.

    • doro sagt:

      Es gibt diverse Gruppen (z.B. ATME e.V.) die sehr deutlich die Rolle von zwei „T“ betonen und aus deren Sichtweise „Transsexualität“ etwas anderes ist als „Transidentität“ oder gar „Transgender“. Im englischen Sprachgebraucht hat dagegen „Transgender“ den Begriff „transsexual“ abgelöst (bei Abfragen von pubmed wird das sichtbar). „Transidentität“ gibt es im englischen Sprachraum gar nicht.
      Meist übersehen die diversen Gruppen, dass alle Begriffe mit „trans“ als Vorsilbe wissenschaftlich gesehen überholt sind, da sie immer eine Außensicht auf den betroffenen Menschen darstellen (nur dann ist von einem „Geschlechtswechsel“ sinnvollerweise die Rede – und bei „Identität“ ist die Frage, ob und was das genau sein soll – ein ähnlich schwammiger Begriff, wie wenn Theologen von „Seele“ reden und leider ohne Bezug zu dem, was körperlich oft den Betroffenen Probleme macht: Die Geschlechtskörperdiskrepanz).
      Die Perspektive der Betroffenen ist letztlich vorgeburtlich neuronal determiniert (darum lag auch John Money falsch, der noch meine, NVSD sei therapierbar und entsprechende „Experimente“ mit David Reimer durchführte.). D.h. das Innerste, im Gehirn verankerte Wissen ist entscheidend dafür, ob jemand im Laufe seines Lebens eine Geschlechtsangleichung an das Innerste braucht oder nicht. Angleichung ist aber eben etwas anderes als ein „Wechsel des Geschlechts“ bzw. eine „Geschlechtsumwandlung“. Dr. Claudia Haupt hat deshalb den Begriff NVSD eingeführt, weil er die Sicht der Betroffenen wiederspiegelt und nicht mehr die Außenperspektive.

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